Die Änderung des Bundesjagdgesetzes und seine Folgen für Deutschlands Jagd

 

Das Bundesjagdgesetz wird durch den Paragraphen 6a ergänzt, „Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen". Hier eine kommentierte Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des Entwurftextes:

 

 

Gesetzentwurf

Kommentare/ Beispiele

Grundeigentümer können auf Antrag (bei der UJB) ihre Flächen zu befriedeten Bezirken erklären lassen, „wenn der Eigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt“.

 

-        eine Prüfung des Gewissens (wie früher bei der Kriegsdienstverwegerung) wird nicht durchgeführt

-        Jagdscheininhaber sind logischerweise (namentlich) nicht antragsberechtigt

Anträgen wird nicht stattgegeben, wenn einer Befriedung öffentliche Interessen entgegen stehen

z.B. Wildschadengefahr auf umliegende Flächen

Änderungen zum befriedeten Bezirk werden in der Regel nicht während laufender Jagdpachtverträge vorgenommen, sondern erst nach deren Ablauf

Ausnahmen könnten sehr langfristige Pachtverträge sein (z.B. mehr als 12 Jahre oder „lebenslängliche“)

Die UJB kann auf den befriedeten Flächen trotzdem die Jagdausübung anordnen

z.B. Aus Gründen der Wildschadenabwehr oder Tierseuchen

Der Grundeigentümer muss sich anteilig an den im Revier entstandenen Wildschäden beteiligen

z.B.: ein Grundeigentümer lässt seine 50 ha Flächen in einem Revier mit 500 ha bejagbarer Fläche befrieden: nun muss er für 10 % der Wildschäden des Gesamtrevieres aufkommen

Der Grundeigentümer hat keinen Anspruch auf Wildschadenersatz

nicht geregelt ist der Wildschadensersatz auf "ethisch befriedeten" Flächen, die ein Landwirt gepachtet hat. Wer zahlt den Schaden? Nach dem Verursacherprinzip müsste der Grundeigentümer haften. Das Gesetz ist aber eher so formuliert, dass Jagdgenossenschaften bzw. Jagdpächter für die Schäden aufkommen müssten.   

Wildfolge muss weiterhin geduldet werden

 

Vor einer Entscheidung der UJB müssen angehört werden: Jagdgenossenschaft, Jagdpächter, Jagdbeirat, angrenzende Grundeigentümer, Träger öffentlicher Belange

Dies ist nicht nur eine große Hürde für den Antragsteller, sondern bedeutet auch viel Arbeitszeit für die bearbeitende Jagdbehörde…

 

Übrigens: wenn ein Pächter versehentlich trotzdem auf der Fläche jagt, geht der Jäger straffrei aus. Bei vorsätzlicher Jagdausübung auf der Fläche besteht allerdings der Tatbestand der Wilderei.

 

Fazit: Das Gesetz ist sehr jagdpächterfreundlich. Für Antragsteller wurden hohe Hürden aufgelegt. Auf die Jagdbehörden wartet immenser Mehraufwand bei der Bearbeitung von Anträgen. Zum jetzigen Zeitpunkt (1.2.13) liegen bereits über 50 Anfragen zur Befriedung von Grundstücken bei Jagdbehörden in Nordrhein- Westfalen vor.  

 

Hier der vollständige Gesetzentwurf (es ist ein jagdrechtliches "Monstrum" geworden...):

 

§6a

Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen

 

Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen

(1)Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und im Eigentum einer natürlichen Person stehen, sind auf Antrag des Grundeigentümers zu befriedeten Bezirken zu erklären (Befriedung), wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. Eine Befriedung ist zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die Belange

1.der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen,

2.des Schutzes der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor übermäßigen Wildschäden,

3.des Naturschutzes und der Landschaftspflege,

4.des Schutzes vor Tierseuchen oder

5.der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung

gefährdet. Ethische Gründe nach Satz 1 liegen insbesondere nicht vor, wenn der Antragsteller



1. selbst die Jagd ausübt oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet oder

2. zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung einen Jagdschein gelöst oder beantragt hat.

 

Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde zu stellen. Der Entscheidung über den Antrag hat neben der Anhörung des An-tragstellers eine Anhörung der Jagdgenossenschaft, des Jagdpächters, angren-zender Grundeigentümer, des Jagdbeirats sowie der Träger öffentlicher Belan-ge vorauszugehen.

 

(2)Die Befriedung soll mit Wirkung zum Ende des Jagdpachtvertrages erfolgen. Sofern dies dem Antragsteller unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten ist, kann die Behörde einen früheren Zeitpunkt, der jedoch nicht vor Ende des Jagdjahres liegt, bestimmen. In den Fällen des Satzes 2 kann die Jagdgenossenschaft vom Grundeigentümer den Ersatz des Schadens verlangen, der ihr durch die vorzeitige Befriedung entsteht.

 

(3)Die Befriedung kann räumlich auf einen Teil der Antragsfläche sowie zeit-lich beschränkt werden, soweit dies zur Wahrung der Belange nach Absatz 1 Satz 2 erforderlich ist.

 

(4) Die Befriedung erlischt vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 drei Monate nach Übergang des Eigentums an der befriedeten Grundfläche auf einen Dritten. Stellt der Dritte während des Laufs der Frist nach Satz 1 einen Antrag auf er-neute Befriedung, so erlischt die bestehende Befriedung mit dem Wirksam-werden der behördlichen Entscheidung über den Antrag. Verzichtet der Dritte vor Ablauf der Frist nach Satz 1 auf einen Antrag auf erneute Befriedung, so erlischt die bestehende Befriedung mit dem Zugang der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Der Grundeigentümer hat den Eigentumswechsel der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Befriedung ist zu widerrufen, wenn

1.der Grundeigentümer schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde den Verzicht auf die Befriedung erklärt, oder

2.der Grundeigentümer die Jagd ausübt, einen Jagdschein löst oder die Aus-übung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück dul-det.

Die Befriedung ist in der Regel zu widerrufen, wenn Tatsachen bekannt wer-den, die den Anspruch auf Erklärung zum befriedeten Bezirk entfallen lassen. Die Befriedung ist unter den Vorbehalt des Widerrufs zu stellen für den Fall, dass ein oder mehrere weitere begründete Anträge auf Befriedung in demsel-ben Jagdbezirk gestellt werden und nicht allen Anträgen insgesamt ohne Ge-

fährdung der Belange nach Absatz 1 Satz 2 stattgegeben werden kann. Im Üb-rigen gelten die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über Rück-nahme und Widerruf von Verwaltungsakten.

 

(5) Die zuständige Behörde kann eine beschränkte Jagdausübung auf den für befriedet erklärten Grundflächen anordnen, soweit dies zur Vermeidung über-mäßiger Wildschäden, der Gefahr von Tierseuchen, aus Gründen des Natur-schutzes oder des Tierschutzes, der Seuchenhygiene, der Gewährleistung der Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrswegen oder der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Widerspruch und Klage gegen die Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung. Kommt der Grundeigentümer der Anordnung nicht nach, so kann die zu-ständige Behörde für dessen Rechnung die Jagd ausüben lassen.

 

(6)Wildschäden an Grundstücken, die zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, hat der Grundeigentümer der befriedeten Grundfläche nach dem Verhältnis des Flächenanteils seiner Grundfläche an der Gesamtfläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirks anteilig zu ersetzen. Dies gilt nicht, sofern das schädigende Wild auf der befriedeten Grundfläche nicht vorkommt oder der Schaden auch ohne die Befriedung der Grundfläche eingetreten wäre.

 

(7)Der Grundeigentümer der befriedeten Fläche hat keinen Anspruch auf Ersatz von Wildschäden.

 

(8)Die Grundsätze der Wildfolge sind im Verhältnis des gemeinschaftlichen Jagdbezirks zu der nach Absatz 1 für befriedet erklärten Grundfläche entsprechend anzuwenden. Einer Vereinbarung nach § 22a Absatz 2 bedarf es nicht. Der Grundeigentümer des für befriedet erklärten Grundstücks ist über die Notwendigkeit der Wildfolge, soweit Belange des Tierschutzes nicht entgegenste-hen bereits vor Beginn der Wildfolge, unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

 

(9)Das Recht zur Aneignung von Wild nach § 1 Absatz 1 Satz 2 steht in den Fällen der nach Absatz 5 behördlich angeordneten Jagd und der Wildfolge nach Absatz 8 dem Jagdausübungsberechtigten des Jagdbezirks oder dem beauftragten Jäger zu.

 

(10) Die Absätze 1 bis 9 sind auf Grundflächen, die einem Eigenjagdbezirk kraft Gesetzes oder auf Grund behördlicher Entscheidung angegliedert sind, entsprechend anzuwenden.“

 

Quelle: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Service/Rechtsgrundlagen/EntwurfGesetzAenderungJagdrechtlicherVorschriften.pdf?__blob=publicationFile






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