Geld oder Liebe?
Über den Zusammenhang zwischen Jagdpachtpreis und der Zukunft unserer Wälder
Die Dramatik des Wald-Wild-Konfliktes wird, obwohl seit Jahrzehnten bekannt, in NRW erst seit kurzem öffentlich und ernsthaft diskutiert (Kruse 2016, Petercord 2016). Denn der öffentliche Kommunal- und Landeswald, Eigentum der Menschen in NRW, ist in weiten Teilen entwertet, teilweise zerstört und keineswegs „fit für den Klimawandel“ (Bieker 2016, Frohne 2016, Heute 2015). Die Lösung des Konfliktes führt zunächst nicht an einer Anpassung der Schalenwildbestände an den Lebensraum vorbei*1. Das heißt, dass Reh- und Hirschbestände deutlich stärker als bislang bejagt werden müssen mit dem Ziel, die Bestände zumindest temporär und lokal zu reduzieren. Experten, die ihre Wälder bereits erfolgreich entwickelt haben, weisen mit Nachdruck darauf hin, dass die Zielerreichung nur möglich wird, wenn in den Revieren Jäger eingesetzt werden, die ihr Handwerk verstehen und die man für ein angepasstes Entgelt effektiv jagen lässt (Boschen 2016; Straubinger 2016; Heute 2016).
Jagdpächter werden - Mit dickem Portemonnaie
Viele Jäger möchten gerne in ihrem eigenen Jagdrevier jagen. Sie wollen ihren „eigenen“ Wildbestand „bewirtschaften“ („hegen“) und dort eigenverantwortlich jagen. Der Landesjagdverband NRW bietet sogar ein Fortbildungsseminar als Hilfestellung an: „Wie werde ich Jagdpächter?“ (RWJ 2016). Grundsätzlich muss der Jäger sich auf ein Revier „bewerben“, was in aller Regel heißt, dass er ein Gebot für die Jagd abgeben (€ pro Hektar pro Jahr) und darauf hoffen muss, dass er als Höchstbietender den Zuschlag erhält. Die Antwort auf die Frage ist also relativ schlicht: indem ich bereit bin, viel Geld zu investieren und mehr Geld in die Hand zu nehmen als die Mitbewerber. Manche Jagdgenossenschaften schreiben ihre Reviere nach Ablauf der Jagdpacht neu aus, obwohl die bisherigen Pächter bereit sind, für den bisherigen Preis (oder sogar mehr) weiter zu pachten („Dem bisherigen Pächter wird das Recht eingeräumt, in das Höchstgebot einzusteigen...“). Somit versucht man, Jäger zu finden, die bereit sind, die bisherigen Pächter zu überbieten. Und in Nordrhein Westfalen leben Verpächter, die auf höchstmöglichen Pachterlös aus sind, im Schlaraffenland. Denn in NRW gibt es etwa 91.000 Jägerinnen und Jäger (die holländischen Jäger, die nach NRW drängen, nicht eingerechnet...), aber nur knapp 8.000 Jagdbezirke (OJB 2008), die zur Verfügung stehen. Auf ein Revier kommen also 11 Jäger! Hinsichtlich Angebot und Nachfrage also eine überaus günstige Konstellation für Verpächter. An Bewerbern mangelt es bei anstehenden Neuverpachtungen daher in aller Regel nicht. Und da die meisten Bereiche des Sauerlands und der Eifel in nicht mehr als einer Autostunde von der Rhein-Ruhr-Metropole entfernt liegen, wird der „Jagdreviermarkt“ hier überschwemmt von solventen Akademikern und Fabrikanten aus den Großstädten. Zur Freude derjenigen Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer, die ihre Reviere an diejenigen verschachern, die bereit sind, am meisten zu zahlen. Regelmäßig werden Pachten von 30€ bis 40€ fällig. Für ein Revier einer durchschnittlichen Größe von 300 Hektar also 9.000€ bis 12.000€ pro Jahr (ohne Nebenkosten)! In Rotwildkerngebieten werden durchaus auch über 100€ (pro einem Hektar und einem Jahr!) hin geblättert.
Zahlen für weniger?
Nun besteht allerdings zwischen dem zu zahlenden Jagdpachtpreis und der Attitüde des Jagdpächters ein direkter Zusammenhang. Wer derart viel Geld für das Recht auf Jagdausübung auf den Tisch legt, der möchte auch möglichst viel Wild im Revier sehen – und „hegt“ es daher fürsorglich (Vgl. Fuchs 2014). Das irre Prinzip „ich pachte den Eigentümern das Jagdrecht ab, um auf deren Flächen möglichst viel Wild zu halten“, hat bereits in den 1960-er Jahren, nach Etablierung der Selektions- und Trophäenjagd, Fuß gefasst (Der Spiegel 1961). Bekannt gewordene Auswüchse der Hege wie Fütterungsexzesse (z.B. Heute 2007) und illegales Auswildern von Wild (z.B. Heute 2015) kennzeichnen die Spitze des Eisbergs. Am Fuße des Eisbergs geht es zwar weniger exzessiv zu (die Gier steigt proportional zum Pachtpreis). Doch auch Jagdpächter, die 30€ oder 40€pro Hektar und Jahr löhnen, sind nicht daran interessiert, dass „ihr“ Wildbestand reduziert wird. Will bzw. muss man (Vgl. Heute 2016a) in einem Revier bzw. einer Region den Schalenwildbestand nun aber absenken, wird man dieses Ziel bei diesem Pachtpreisniveau logischerweise nicht erreichen können. Zwar können zu Beginn der Reduktionsphase leicht hohe Strecken erzielt werden, anfangs sogar bei der reinen Ansitzjagd. Aber mit abnehmender Wilddichte wird die Beobachtbarkeit rasch geringer und damit auch die Wahrscheinlichkeit des regelmäßigen und geplanten Jagderfolgs auf dem Ansitz. Hat die Reduktion, wie geplant, gewirkt, wird nun der Lebensraum für das Wild immer günstiger: die Naturverjüngung wächst, in den artenreichen Strauchschichten findet das Schalenwild gleichzeitig Äsung und Deckung. In diesem Stadium erfolgreich zu jagen ist nicht einfach – es bedarf Demut, harte Arbeit, Ausdauer und jagdhandwerkliches Geschick (z.B. den sicheren freihändigen Schuss). Um in naturnahen Wäldern erfolgreich zu jagen, ist daher eine Art von Jagdausübung notwendig, die nichts mehr mit der klassischen Ansitz-, geschweige denn Trophäenjagd zu tun hat (Heute 2016b). Wird sie erfolgreich praktiziert, ist es eine hart erarbeitete Dienstleistung am Wald. Wie aufwändig diese ist, ist selbst weiten Teilen der Jägerschaft und Forstbeamten nicht bewusst. Apropos Forstbeamte:
Wie es der Landesbetrieb macht
Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW (LwuH), mit der Betreuung unseres Staatswaldes beauftragt, trägt besondere Verantwortung für den Zustand des Waldes und hat Vorbildfunktion bei der Entwicklung zeitgemäßer Jagdstrategien. Nun haben die ersten Ergebnisse des (erst 2012 begonnenen*2) Vegetationsmonitorings im Staatswald (Gertz 2016) regionale Schadensschwerpunkte aufgezeigt, „die ein Erreichen der ökologischen und ökonomischen Ziele stark gefährden bzw. in Frage stellen“ (Wiebe 2016). Bergahorn, Esche, Kirsche und Eiche stehen im Landeswald „unter einem starken Verbissdruck, so dass ihre Etablierung in Mischbeständen gefährdet ist“ (Gertz 2015). In etlichen Regionen (u.a. Nordeifel, Arnsberger Wald, Egge) bräuchte man im übrigen gar keine aufwändigen, nach wissenschaftlichen Standards durchgeführten Verbiss- oder Schälschadeninventuren: hier reicht ein einigermaßen vegetationskundlich geschulter Blick in die Strauchschicht des Waldes, um die eklatanten bis katastrophalen Wildschäden sofort zu erkennen (Vgl. Heute 2016a, Striepen 2013).
Um seiner Verantwortung gerecht zu werden, hat der Landesbetrieb seinen Forstämtern mit der „Betriebsanweisung Jagd“ (BA Jagd) 2015 ein Konzept zur Umsetzung seiner Jagdstrategie vorgelegt. Auf Basis der Betriebsanweisung müssen die Forstämter vor Ort regionale Jagdbetriebskonzepte erarbeiten. Oberstes Ziel dabei ist (offiziell) „die Schaffung eines multifunktionalen, den standörtlichen Gegebenheiten angepassten, klimaplastischen Waldbestandes“ (LwuH 2015). Und dem Landesbetrieb ist durchaus bewusst, dass dieser Waldumbau nur über die Reduktion des „reproduzierenden, widerkäuenden Schalenwilds“ („rwS“: weibliche Rehe und Hirsche) erfolgreich sein kann. Diese Anpassung des Schalenwildbestandes an den Lebensraum ist ein schwieriges Unterfangen, das Zeit, Ausdauer und bestes Personal benötigt (Vgl. Straubinger 2016, Wolf 2016). Und der Landesforst ist auf fähiges „externes Personal“, also private Jäger, dringend angewiesen, um seine Flächen ausreichend intensiv bejagen zu können. Diese müssen bestimmte Anforderungen erfüllen: Zu den klaren Vorgaben und Rahmenbedingungen (Jagdvergabebedingungen des LwuH) gehören:
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die Jagd orientiert sich grundsätzlich an waldökologischen Zielen, d.h. der Zustand der Vegetation ist entscheidend für die Intensität der Jagd
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Beschränkung der Jagd auf kurze Zeiträume (Intervalle, z.B. Sommerjagdverbot auf Rehwild)
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keine Prädatorenjagd (außer „Neozoen“ Waschbär/ Marderhund)
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Verbot von Kirrung und Fütterung; z.T. Nachtjagdverbot
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körperlicher Nachweis des frisch erlegten Stückes beim Landesförster (inklusive Schwarzwild)
Neben den einzuhaltenden Rahmenbedingungen müssen sich bewerbende Jagdpächter auch ein „Pachtjagdkonzept“, quasi als Bewerbungsschreiben, vorlegen. Günstig soll sich dabei auswirken, wenn der Bewerber relativ jung und trotzdem jagderfahren ist, nicht weit entfernt vom Revier wohnt. Außerdem sollte der neue Jagdpächter auf Drückjagden Hunde führen und geeignete Mitjäger/ Jagdaufseher mitbringen. Wenn er diese Bedingungen erfüllt, gilt er als optimal geeignet.
Gegen diese Rahmenbedingungen und die „Auslese“ des Bewerbungsverfahrens ist nichts einzuwenden. Der Eigentümer kann bestimmen, wie auf seinen Flächen gejagt wird (Mühlhausen 2013, Schaefer 2013) und wen er dafür auswählt. Aber: Beschränkungen (Kirrung, Intervalle, Nachtjagdverbot etc.) auferlegen und gleichzeitig höchste Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen (hohe Abschüsse) stellen – das funktioniert nur mit wirklich geeigneten, fähigen Jägern. Dass diese jedoch Höchstgebote einreichen müssen, um dem Landesbetrieb zu helfen, ist absurd!*3
Welche Jäger sucht der LwuH sich aus?
Obwohl von den wenigen Positivbeispielen bekannt ist, dass ein angepasstes Entgelt (s.o.) für Rehwildreviere mit Schwarzwild bei fünf bis 15€ liegt, werden die Eigenjagdbezirke des Landesbetriebs i.d.R. höchstbietend verpachtet! Wobei der Verpächter betont, dass er nicht an das Höchstgebot gebunden ist. Das zwar nicht, aber er muss einem der drei Höchstbietenden den Zuschlag erteilen. Jetzt stelle man sich die Bewerbung um ein begehrtes Revier im Sauerland (viel Rotwild, vielleicht Sika!!) vor. Es bewerben sich:
- Arzt, 60 Jahre, wohnhaft in Essen, 5 Jahresjagdscheine - bietet 60€
- Unternehmer, 70 Jahre, wohnhaft in Duisburg, 4 JJ - bietet 55 €
- Rechtsanwalt, 65 Jahre, wohnhaft in Köln, 3 JJ - bietet 50€
Selbstverständlich beteuern alle, dass sie nach den Vorgaben des Landesbetriebes jagen werden. Für wen wird der Revierleiter sich entscheiden? Welcher der Bieter wohl der geeignete ist, um mit ihm die hohen Schalenwilddichten abzusenken? Ach, das könnte man bei diesen fantastischen Angeboten ja fast übersehen (der Forstamtsleiter hat Tränen vor Glück in den Augen, wenn er an die nächste Bilanzierung des Jagdbetriebs denkt..): im Revier nahen Dorf hat sich ein junger, ambitionierter Jäger für das Revier beworben. Und der Revierförster vor Ort weiß, dass man mit ihm die Ziele am ehesten erreichen kann und würde auch gerne mit ihm gemeinsam arbeiten. Schade nur, dass der lokale Bewerber „nur“ angestellter Handwerker ist und „nur“ 15€ bieten konnte... .*4
Mancher Forstamtsleiter verteidigt das asoziale Auswahlverfahren und verweist auf die Bemühungen des LWuH, auch dem „Jäger mit dem kleinen Geldbeutel“ (FA- Leiter im Telefongespräch 2016) Jagdgelegenheiten zu bieten. Indem sie als „Jagdhelfer“ der Regiejagd die „Drecksarbeit“ machen – und zur Belohnung im Herbst „rwS“ schießen dürfen. Mit dieser Politik wird verhindert, dass diejenigen Jäger der nachrückenden Generation jagdliche Verantwortung übernehmen, die es besser können (und auch wollen!) als die meisten solventen Ü-60- Pächter aus den Großstädten. „Für jedes Revier können die Verpächter einen geeigneten Jagdpächter finden, sofern sie bereit sind mit der erwarteten Jagdpacht die Interessenschnittmenge zu treffen“, sagt daher der Jägerschaftsvorsitzender aus dem Hochsauerlandkreis (Bernholz mdl. Mitt., 2016).
Für die „günstigsten“ Pirschbezirke beim LwuH werden aber 20€ fällig, für viele Pirschbezirke 25€ und für einige 40€ pro Hektar und Jahr (teils ohne Rotwild!). Beispiele:
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im Königsforst (östlich von Köln): 85 Hektar Wald; Freigabe: 4 Rehe (nur in bestimmten Intervallen; z.B. keine Jagd im Juni bis Mitte Juli), Schwarzwild; Kosten: 40€ pro 1 Hektar (evtl. anfallendes Abschussentgelt, z.B. für einen zweiten Keiler, wird im Falle des Jagderfolges zusätzlich berechnet)
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im Oberen Sauerland bei Medelon: 64 Hektar, Freigabe: 4 Rehe, Schwarzwild („geringer Bestand“; Kirrverbot!), 1 Rothirsch Klasse 3 und ein Kalb (Rotwild Wechselwild); 33€ pro 1 Hektar (2112€ pro Jahr für einen Mini-Pirschbezirk von 64 ha, gedeckelter Rehfreigabe und geringem Sauenbestand..)
In manchen Pirschbezirken wird die Abschussfreigabe auf zwei oder drei Frischlinge begrenzt! In vielen Pirschbezirken auch die Freigabe auf Rehwild (s.o.). Ob diese Reglementierung mit der angestrebten Waldentwicklung zu vereinbaren ist, würde ein Blick in die jeweiligen Reviere beantworten. Wo anderenorts Mindestabschusspläne für Rehe gefordert werden (Straubinger 2016) interpretiert der Landesbetrieb die bewusste Abschaffung des Abschussplanes für Rehe in manchen Forstämtern scheinbar auf eigene Weise.
Und woanders?
Im Gegensatz zu NRW hat der Landesforstbetrieb in Brandenburg die Bedeutung der Partizipation junger Jäger für den Umbau des Waldes erkannt. Hier kann man schon grundsätzlich relativ günstig, für fünf bis acht Euro, in Pirschbezirken jagen. Doch darüber hinaus hat der Landesforstbetrieb Brandenburg mit dem dortigen LJV und ÖJV eine „Kooperationsvereinbarung zum privilegierten Einsatz von Jungjägern“ geschlossen (ÖJV-BB 2014). Jungjäger (bis 30 Jahre), die im LJV oder im ÖJV Brandenburg Mitglied sind, können zu begünstigten Konditionen Pirschbezirke anpachten. Für die ersten drei Jahre kostet der Begehungsschein im Landesbetrieb Forst Brandenburg einheitlich nur 250€! Übrigens: Pirschbezirke in Brandenburg haben i.d.R. „mehr Natur“ zu bieten und sind ruhiger und wildreicher als die meisten Pirschbezirke in NRW, für die ein Jungjäger das fünf- bis zehnfache hinblättern muss!
In Mecklenburg- Vorpommern erfolgt die Vergabe der Landesreviere i.d.R. nur an „Bieter, deren Hauptwohnsitz sich in einem Umkreis von 50 Kilometern zum ausgeschriebenen Eigenjagdbezirk befindet“. So soll eine permanente Betreuung und auch Bindung des Jagdpächters an das Revier gewährleistet werden. In NRW gibt es dagegen keinerlei Einschränkung. Jeder Gelegenheitsjäger, der seit drei Jahren einen Jagdschein hat, kann ins Höchstgebot einsteigen. Was sich sehr günstig auf das Geschäft auswirkt: so kann ein Zahnarzt aus Münster problemlos ein Revier in der Eifel höchstbietend pachten...
Fazit
Unser Wald braucht erste Hilfe (Heute 2016a; Wiebe 2016). So rasch wie möglich muss mit der Reduktion der Schalenwildbestände begonnen werden, um weitere ökologische und ökonomische Schäden am Wald abzuwenden. Da eine Regulierung von Schalenwildbeständen von „waidgerechten“ Hobbyjägern und vielen derzeit noch jagdlich verantwortlichen Forstrevierleitern allein offensichtlich nicht durchgeführt wird bzw. werden kann, müssen mehr geeignete Jäger auf die Fläche. Hoch qualifizierte Jäger (handwerklich geschickt, engagiert, ausdauernd, mit gut ausgebildeten Stöberhunden), die fähig sind, die Bestände zu regulieren. Doch die am besten geeigneten Leute kommen nicht nachhaltig als Verantwortliche zum Zuge, da sie allenfalls als Jagdhelfer zum Einsatz kommen, während Forstbedienstete und Akademiker der Großstädte das jagdliche Zepter schwingen. (Gibt es eigentlich irgendjemand dieser Jagdherren, der Verantwortung übernommen hätte für den Zustand des Waldes?)
Der LwuH vertritt nach außen die Haltung, dass „im Sinne von Nachhaltigkeit langfristige Kosteneinsparungen gegenüber kurzfristigen Einnahmen vorrangig“ seien (BA Jagd). Doch in der täglichen Praxis wird genau das Gegenteil getan: die Nachhaltigkeit, nämlich der zukunftsfähige, rentable Dauerwald wird zugunsten kurzfristiger Einnahmen (Höchstgebote!!) aufs Spiel gesetzt. Ob fahrlässig oder sehenden Auges? Jedenfalls ist man, im Gegensatz zu Experten, wohl der Meinung, der Waldumbau könne gelingen, indem man gleichzeitig mit der Jagd Geld verdient! Wenn das mal nicht ein fataler Irrtum ist! Aber das werden die Ergebnisse des Verbissmonitorings in den nächsten Jahren ja zeigen (falls nicht immer noch der Blick in die Strauchschicht ausreicht...). Bis dahin will der LwuH die große Nachfrage nach Jagdmöglichkeiten in NRW ausnutzen und stellt kurzfristige Jagdeinnahmen über die Nachhaltigkeit.
Ausblick
Die unangenehme und für den Haushalt schmerzhafte Erkenntnis wird eines Tages auch Verpächter, Waldeigentümer, Jagdgenossenschaften und Landesförster erreichen: wer einen stabilen, zukunftstauglichen Wald wirklich will, kann nicht gleichzeitig mit der Jagd Kasse machen und 30€ bis 40€ pro Hektar von den solventesten Hobbyjägern eintreiben*5. Bei diesen Preisen bleibt es die „Ware Jagd“, die teuer verkauft wird und an der sich nichts ändern wird. Mit dieser Pachtpreispolitik werden außerdem die bestehenden jagdlich-elitären Strukturen weiter gefördert bzw. gefestigt. Bei Preisen über 50€ bleibt die Jagd vermeintliches Luxusgut für elitäre Huftierfreunde. Und die Wildschäden im Wald werden bleiben.
*1: Bei den derzeitigen Schalenwilddichten, die in manchen Regionen an Stallhaltung erinnern und mit Naturnähe nichts zu tun haben, über Lebensraumverbesserungen und Wildruhezonen („Hege“) zu reden ist absurd. Darum kann man sich kümmern, wenn die Bestände angepasst sein werden.
*2: warum eigentlich erst im Jahr 2012? In Sachsen hat man ein landesweites Monitoring zum Schutz des Landeswaldes bereits 1995 eingeführt, in Bayern 1996. In NRW hat man mit einem Controlling angefangen, nachdem bereits Teile des landeseigenen Fichtenforsts auf Totalschäden hinauslaufen (Gertz 2015)...
*3: Der Laie denkt: „Hilfe! Mein Haus brennt! Ich benötige dringend rasche Hilfe! Zum Glück kommen die Profis von der Feuerwehr und löschen, kompetent und sicher. Hoffentlich bezahlt die Versicherung die Handwerker!“
Der LwuH denkt: „Oh, mein Haus brennt (ich habe es aus Versehen selbst angezündet)! Mal sehen, wer mir helfen kann. Oh, die Profis könnten teuer werden... Da nehme ich doch lieber den alten Nachbarn mit dem Gartenschlauch, der gibt mir sicher noch Geld für den Spaß, dass er mein Haus mit Wasser besprenkeln darf...“.
*4: Übrigens: während sich der junge Handwerker das Revier nicht leisten kann, werden die Landesbediensteten aus dem Forst für ihre jagdliche Arbeit „entschädigt“, sogar mit Prämien für besonders erfolgreich „arbeitende“ „Sonstige Beschäftigte“: wer mehr als 5 Stück weibliches Schalenwild schießt, bekommt 180€ „Belohnung“.
*5: Es ist wie sonst oft in der Politik: von den Verantwortlichen wird so getan, als sei alles möglich (Die Jagd „ist so zu gestalten, dass die ökologischen, sozialen und ökonomischen Ziele des Prozesses „Jagd im landeseigenen Forstbetrieb“ optimal erreicht werden.“). Unangenehme, schmerzhafte Wahrheiten, die das bisherige Vorgehen auf den Kopf stellen würden, werden verschwiegen. Mit dieser Methode werden zwar etliche Forstbedienstete schadlos in den Ruhestand gehen können, dem Wald in NRW ist damit aber kein Stück weiter geholfen!