Umweltprobleme in der Landwirtschaft - seit 30 Jahrem bekannt

"Zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz wurde lange Zeit kein Gegensatz gesehen.
Zwar hatte schon die Amerikanerin Rachel Carson in ihrem Buch „Der stumme Frühling“ eindringlich vor den Folgen des verbreiteten Einsatzes von Pestiziden gewarnt: Der Frühling blieb stumm, weil durch die großflächige Vernichtung von Unkräutern und Insekten vielen Vögeln die Nahrung fehlte; das deutsche Natur­schutzrecht vermutete jedoch lange Zeit (festgelegt in den Landwirtschaftsklauseln) einen Gleichklang von Landwirtschaft und Naturschutz: Ordnungsgemäß betriebene Landwirtschaft diene im allgemeinen den Zielen des Naturschutzes und sei kein Eingriff in Natur und Landschaft.
 
Diese Auffassung änderte sich grundlegend Mitte der achtziger Jahre. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen veröffentlichte 1985 ein Sondergutachten mit dem Titel „Umweltprobleme der Landwirtschaft.“ Darin stellten die “Umweltweisen“ für Deutschland erstmalig – und in dieser Bearbeitungsbreite und -tiefe außergewöhnlich – den Einfluss der Landwirtschaft auf die Schutzgüter Natur und Umwelt um­ fassend dar und formulierte gleichzeitig eine Reihe unbequemer Empfehlungen an die Politik.
 
Nach Auf­fassung des Rates war das größte Problem der Verlust an biologischer Vielfalt (Biodiversität), hervorgerufen dadurch, dass durch maschinengerecht ausgeräumte Agrarlandschaften und Einstellung vieler Standorte auf mittleren Feuchtigkeits- und hohen Nährstoffgehalt die Vielfalt an unterschiedlichen Lebensräumen (Biotopen) weitgehend beseitigt worden war und dadurch auch viele Pflanzen- und Tierarten ihre Lebensgrundlage verloren hatten. Zweitgrößtes Problem sei die Verschmutzung des Grundwassers mit Stoffeinträgen (meist Nitrat und Pflanzenschutzmittel). Es folgte die Belastung von Böden, und zwar sowohl stofflich (Schadstoffeinträge wie etwa Schwermetalle) als auch mechanisch (Erosion durch große Schläge und Schadverdichtung durch ungeeignete Bodenbearbeitung und zu schwere Maschinen), die Eutrophierung von Oberflächengewässern durch Stickstoff- und Phosphorverbindungen und der Beitrag zur Luftverschmutzung durch Ammoniak und Gerüche. Die in der Öffentlichkeit häufiger kontrovers diskutierte Frage, ob denn unter modernen Produktionsmethoden die Qualität unserer Nahrungsmittel litte, hielten dieSachverständigen demgegenüber für nachrangig.
 
Die Sachverständigen beließen es aber nicht bei einer reinen Zustandsanalyse. Gemäß ihrem Auftrag, die Bundesregierung in umweltpolitischen Fragen zu beraten, die Umweltsituation und Umweltbedin­gungen periodisch zu begutachten und der Bundesrepublik Deutschland die Urteilsbildung bei allen umweltpolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in der Öffentlichkeit zu erleichtern, leiteten sie aus ihren Erkenntnissen Empfehlungen ab, wie denn die dargestellten Probleme und Unzulänglichkeiten zu lösen oder doch zumindest auf ein verträgliches Maß abzumildern seien. So forderten sie den Aufbau eines Biotopverbundsystems auf 10% der Landesfläche, um wieder ausreichend naturbetonte Lebensräume für wildlebende Pflanzen- und Tierarten in die Agrarlandschaft zu integrieren und damit „übergeordnete biotische Zusammenhänge“ zu schaffen, sprich der Verinselung und Isolation von Populationen und ihrer Genpools entgegenzuwirken. Ferner befürworteten sie die Einführung einer Stickstoffabgabe auf mineralische Düngemittel, um der Eutrophierung entgegen zu wirken sowie die Qualität von Grund- und Oberflächengewässern zu sichern, die durch Nitrateinträge gefährdet war. Generell sollten für die Landwirtschaft Betreiberpflichten eingeführt werden, um der guten fachlichen Praxis zum Durchbruch zu verhelfen. Es verwundert nicht, dass die Schlussfolgerungen der „Umweltweisen“ von 1985 bei der agrarischen Standesvertretung sowie im politischen Raum zunächst auf erbitterten Widerstand stießen..."
 
aus dem Sachverständigenrat Umwelt- Sondergutachten 2015; Umweltbundesamt
 
30 Jahre SRU-Sondergutachten
umweltprobleme_in_der_landwirtschaft_30_[...]
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