Rebhühner brüten gerne im Altgras am Wegrand. Doch zu oft werden Wegränder bereits frühzeitig, aus "Pflegegründen", gemulcht oder gemäht. Diese Wegränder in einem Revier bei Legden/ Westmünsterland, wurden bereits Anfang Mai gemäht, das Nest dieses Rebhuhnpaares zerstört. Das Bild zeigt das Paar am 5. Juni.

 

Das Rebhuhn – Sorgenkind der Feldflur

 

Das Rebhuhn (Perdix perdix), einst Charaktervogel der bäuerlichen Kulturlandschaft, ist selten geworden. Anfang der 1950-er Jahre noch wichtigstes Niederwild in Deutschland, hat sich die Situation des Rebhuhns wie bei keiner anderen Wildart innerhalb weniger Jahrzehnte dramatisch verschlechtert. Da es jagdlich kaum noch eine Rolle spielt, hat das Wissen für dieses faszinierende Niederwild spürbar nachgelassen.

 

Biologie/Jahresverlauf

 

Mit Ausgang des Winters Ende Februar/Anfang März finden sich die Rebhuhnpaare, die dann für die gesamte Lebenszeit in Einehe leben. Geschwister verpaaren sich nicht, so dass ein junger Hahn stets eine Partnerin aus einer anderen Familie (Kette) suchen muss. Sobald sich ein Paar gefunden hat, wird ein geeignetes Revier besetzt und gegen Eindringlinge verteidigt. Durch recht eifriges Rufen der Hähne in der Morgen- und Abenddämmerung grenzen sich die Paare voneinander ab. Da die einzelnen Paare sich nicht hören oder sehen mögen, können Feldhühner in strukturierter Landschaft mit Deckung wesentlich dichter siedeln als in weiten, deckungslosen Feldfluren. Gegen Ende April wird der Brutplatz gewählt und die Nester, flache, ausgescharrte Mulden, im Randbereich der Felder, bzw. an Weg- oder Grabenränder sowie Feldrainen angelegt. Nachdem die Henne 12 bis 20 Eier (täglich eins) gelegt hat, brütet sie 24 bis 26 Tage. Die Küken sind Nestflüchter und verlassen unmittelbar nach dem Schlüpfen das Nest. In den ersten Wochen sind die Küken dringend auf tierische Nahrung (Insekten, Würmer, Schnecken) angewiesen. Schon nach 14 Tagen sind die Jungen flugfähig und man kann die Familienverbände bis Ende des kommenden Winters im Feld beobachten, ehe mit der Auflösung der Ketten der Jahresverlauf von neuem beginnt.

 

Lebensraum

 

Das Rebhuhn als ehemaliger Steppenvogel (im weiteren Sinn, denn reine Grassteppen werden gemieden) ist eine Offenlandart, die bei und eng an landwirtschaftliches Kulturland gebunden ist. Es bevorzugt die klein parzellierte, strukturreiche, bäuerliche Agrarlandschaft mit überwiegend ackerbaulicher Nutzung und geringem Waldanteil. Kleine Felder bis ein Hektar Größe, vielfältige Fruchtfolgen (Rüben, Kartoffeln, Sommergetreide), viele Brachflächen und trockene (Sand-)Böden sind optimale Voraussetzungen für ein gutes Rebhuhnrevier. In reich strukturierten Revieren werden auch Hecken als Brutplatz und Zufluchtsort genutzt, während sie in großräumigen Agrarlandschaften eher gemieden werden. Besonders hohe Hecken mit vielen Bäumen behagen den Hühnern nicht, da sich hier ihr Hauptfeind, der (Hühner-) Habicht, unbemerkt annähern kann. Gerne werden extensives Grünland und mit der Feldflur vernetzte, naturnahe Gärten (nicht selten an Bauernhöfen) aufgesucht. Als „Sekundärbiotop“ werden in Ortschaften oder Stadträndern sehr gern Gewerbebrachen und Industrieanlagen als Lebensraum genutzt.

 

Probleme

 

Die größten Probleme bereitet dem Rebhuhn die flurbereinigte Feldflur mit großen Feldschlägen und enger Fruchtfolge. Zudem kämpft es in vielen Revieren mit dem paradoxen Umstand, im Sommer zu viel und im Winter zu wenig Deckung vorzufinden. Vor der Getreide- und Frühkartoffelernte ist die Vegetationsdecke meist dicht geschlossen und die Hühner finden kaum offene Bodenbereiche zum hudern (Sand baden), trocknen und sonnen. Außerdem sind offene Feldränder wesentlich reicher an Insekten, die besonders zur Aufzuchtzeit der Jungtiere lebenswichtige Nahrungsgrundlage sind. Nach der Mais- und Rübenernte finden die Feldhühner dann oft kaum noch Deckung im Feld und sind oft hohen Verlusten, in erster Linie durch den Habicht, ausgesetzt. Weiterhin wirkt sich der vermehrte Anbau von Feldgras nachteilig aus, da es den Hühnern in der Kürze zwischen zwei Mähterminen hier nicht gelingt, ein Gesperre bis zur Flugfähigkeit aufzuziehen. Daneben sorgen meist nachtaktive Räuber dafür, dass nur höchstens jeder zweite Brutversuch der Rebhühner erfolgreich ist.

 

Geschichte und Strecken

 

Das Rebhuhn ist mindestens seit der Bronzezeit (ca. 2000 – 800 v. Chr.) in Mitteleuropa heimisch. Eine starke Ausbreitung dürfte die Art, wie auch andere Kulturfolger der Agrarlandschaft (Hase, Hamster, Wachtel), mit dem Übergang zur Dreifelderwirtschaft (8./9. Jh.) erfahren haben. Im Laufe des Mittelalters mauserte sich das Rebhuhn zum wichtigsten Niederwild, bis im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mehrere Millionen Rebhühner (in Preußen, bzw. Deutschem Reich) pro Jahr zur Strecke kamen. Während vor dem 2. Weltkrieg jährlich noch fast 200000 Hühner in NRW geschossen wurden, setzte in den 50-er Jahren ein erheblicher Besatzrückgang ein, der mit regelrechten Bestandseinbrüchen und lokalem Aussterben in den 80-er Jahren gipfelte. Keine andere Vogelart Europas hat seit den 70-er Jahren (absolut) stärker abgenommen als das Rebhuhn. Der drastische Rückgang führte 1989 zu einem Verzicht der Bejagung Seitens der Jägerschaft (die sogenannte „Düsseldorfer Vereinbarung“). Nach einer kurzen Phase (2005 -2008), in der sich die Besätze lokal sogar so weit erholt hatten, dass in einigen Revieren mit mehr als vier Brutpaaren pro 100 ha wieder vereinzelt und nachhaltig Hühner im Herbst bejagt werden durften, ist nach dem weiteren Rückgang in den letzten Jahren eine Bejagung des Rebhuhns in NRW wohl endgültig Geschichte.

 

Situation in NRW

 

Rebhühner kommen im gesamten Flachland Nordrhein-Westfalens und in einigen Höhenlagen mit ausgedehntem Offenland (z.B. Medebacher Bucht, Haarkamm) vor. Die Dichten schwanken zwischen weniger als einem und, selten und nur lokal, bis zu  ca. acht Brutpaaren je 100 ha Offenland. Die höchsten Dichten kommen insbesondere in einigen Gemeinden der Kreise Düren, Heinsberg, Euskirchen, Kleve und Borken vor. Nach einer kurzen und auf lokale Besätze beschränkten Erholungsphase Anfang der 00-er Jahre kommt es seit 2009/ 2010, zumindest lokal, wieder zu starken Populationseinbrüchen, von denen sich die Besätze derzeit kaum noch erholen können.


 

Biotopverbesserung

 

Wie verschiedene Rebhuhn-Forschungsprojekte in NRW gezeigt haben, sind nicht Fressfeinde ursächlich für die geringe Brutpaardichte in unseren Revieren. Vielmehr ist es das Fehlen geeigneter Reviere und Brutplätze, was es dem Rebhuhn schwer macht, dichter zu siedeln. Sobald aber entsprechende Hegemaßnahmen durchgeführt werden, steigt der Stammbesatz (brütende Paare). Je höher die Vielfalt der Felder auf engem Raum und je klein parzellierter die Schläge sind, desto mehr Paare können nebeneinander leben. Verbesserte Deckungsverhältnisse, vor allem zum Ausgang des Winters bis Anfang April, sorgen zudem zu geringeren Verlusten beim Nachwuchs. Durch die Schaffung zusätzlicher Grenzlinien und Deckungsflächen kann dem Rebhuhn, und mit diesen Maßnahmen auch Hasen und Fasanen, effektiv geholfen werden.

 

  • Feldraine belassen, Altgras über Winter stehen lassen

  • Ackerrandstreifen extensiv bewirtschaften (Ausgleich durch Extensivierungs- und Förderprogramme, z.B. „Artenreiche Feldflur“)

  • Große Feldschläge durch Streifen „teilen“

  • Stoppelbrachen möglichst lange (Ende März) stehen lassen

  • Wenig Äcker „schwarz“ über den Winter halten, oder Zwischenfrüchten einsäen (möglichst Gemenge mit Roggen, nicht zu dicht aussäen)

  • Stilllegungen und Brachen mehrjährig nutzen (ohne Umbruch) und in die Feldflur legen (nicht an den Waldrand)

  • Stilllegungen und Brachen gar nicht oder nur einmal (Mitte Juli!) mulchen, so dass Altgras im Winter Deckung spendet

  • Hecken nicht über drei Meter wachsen lassen

  • Im Sommer offene Bodenbereiche schaffen, z.B. durch Schwarzstreifen oder durch partielles Offenhalten von Wildäckern oder Feldstreifen

 

 

 

 

 



Kleine Feldschläge, eine weite Fruchtfolge und Deckung im Winter und Vorfrühling sind nur einige der Requisiten, die das Rebhuhn dauerhaft benötigt. Die Art scheint für die konventionelle Art der Offenlandbewirtschaftung zu anspruchsvoll, um überleben zu können. 

Kurz vor dem Schlupf, Anfang Juni, ausgemähte Rebhuhenne, die sich auf ihrem Nest geduckt hatte. Die intensive Grünlandnutzung führt zu erheblichen Verlusten bei Bodenbrütern (und Hasen).

Mit abnehmender Rebhuhndichte sinkt die Beobachtbarkeit der Vögel überproportional (das Phänomen ist von vielen Wildtieren bekannt). Bei nur wenigen, gut getarnten Hühnern in den Stoppeln muss man schon genau hinsehen. Oder, wie hier, ein Foto durch das Fernglas knipsen...


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